Handball gehört zu den dynamischsten Mannschaftssportarten – geprägt von schnellen Richtungswechseln, intensiven Sprung- und Landebewegungen, schnellen Antritten und körperbetonten Duellen. Um diesen Belastungen langfristig standzuhalten und gleichzeitig die sportliche Leistung zu verbessern, wird im Athletiktraining zunehmend auf Flywheel-Training gesetzt – ein Ansatz, der Kraft, Schnelligkeit und Verletzungsprävention gleichermaßen fördert.
Was ist Flywheel-Training?
Im Gegensatz zum klassischen Krafttraining mit Gewichten basiert das Flywheel-Training nicht auf der Schwerkraft, sondern auf dem Prinzip der Trägheit: Eine rotierende Schwungscheibe speichert Bewegungsenergie und gibt sie in der exzentrischen Phase der Bewegung wieder ab. Das bedeutet: Je mehr Energie man in die konzentrische Phase (z. B. beim Hochziehen oder Aufrichten) steckt, desto stärker muss man die entstehende Rückdrehung abbremsen – was eine intensive Beanspruchung der exzentrischen Muskulatur zur Folge hat.
Diese Form der isoinertialen Belastung ermöglicht ein variables, individuelles und sehr effektives Krafttraining über den gesamten Bewegungsumfang – mit einem besonderen Fokus auf exzentrische Kontrolle und neuromuskuläre Stabilität.
1. Verbesserte Schnellkraft und Sprungleistung
Sprünge aus dem Stand, explosive Wurfvorbereitungen oder kraftvolle Antritte sind im Handball allgegenwärtig. Studien zeigen, dass bereits nach sechs bis acht Wochen Flywheel-Training Verbesserungen in der vertikalen Sprungkraft (CMJ), der Sprintleistung auf 10–20 Meter und der konzentrischen Maximalkraft (1RM) messbar sind.
Trainingsübungen mit exzentrischer Überlastung – etwa Kniebeugen, Split Squats oder Jump Squats mit Schwungrad – wirken sich besonders positiv auf die reaktive Sprungkraft und Bewegungsexplosion aus. Sie unterstützen Spieler:innen dabei, nicht nur schneller zu beschleunigen, sondern auch kontrollierter zu landen.

2. Agilität und Richtungswechsel
Die Fähigkeit, Bewegungen schnell zu stoppen und neu zu initiieren, ist im Handball entscheidend – etwa bei Gegenstößen, defensivem Ausweichen oder Tempowechseln in der Eins-gegen-Eins-Situation. Hier ist vor allem die exzentrische Kraft entscheidend, die beim Bremsen und Stabilisieren wirkt.
Flywheel-Training verbessert die neuromuskuläre Kontrolle und schult sowohl laterale als auch rotatorische Bewegungen unter Belastung. Die Folge: Schnellere, sicherere und effizientere Richtungswechsel mit weniger Verletzungsrisiko.

3. Verletzungsprävention
Die meisten Verletzungen im Handball entstehen in der exzentrischen Phase – beim Landen, Abbremsen oder im Kontakt. Besonders betroffen sind Sprunggelenke, Knie (v. a. das vordere Kreuzband) und Oberschenkelmuskulatur.
Durch die gezielte Stärkung der exzentrischen Muskelarbeit trägt Flywheel-Training zur Belastbarkeit von Sehnen, Bändern und Muskelansätzen bei. Gleichzeitig lassen sich muskuläre Dysbalancen erkennen und ausgleichen – insbesondere zwischen Beuger- und Streckergruppen. Das Risiko für Muskelverletzungen und Überlastungsprobleme kann so deutlich reduziert werden.
Ein weiterer Vorteil: Übungen lassen sich sowohl symmetrisch als auch einbeinig durchführen – was das gezielte Training von asymmetrischen Belastungen im Handballspiel erleichtert.


4. Individuelle Anpassung und Monitoring
Moderne Flywheel-Geräte erlauben eine präzise Steuerung der Trainingsbelastung – unabhängig vom Körpergewicht oder Leistungsniveau. Über integrierte Sensorik lassen sich Parameter wie exzentrische und konzentrische Leistung, Bewegungsfrequenz oder Kraftverhältnis in Echtzeit erfassen und dokumentieren.
Das ermöglicht nicht nur eine gezielte Belastungssteuerung, sondern auch die Integration in Return-to-Play-Protokolle nach Verletzungen und die kontinuierliche Trainingsanpassung über die Saison hinweg.



Fazit
Flywheel-Training bietet Handballspieler:innen eine effektive und vielseitige Methode, um ihre athletische Leistungsfähigkeit zu steigern und das Verletzungsrisiko langfristig zu senken. Die Kombination aus konzentrischer und exzentrischer Belastung verbessert Schnellkraft, Stabilität und Bewegungsökonomie – zentrale Faktoren für Leistung und Belastbarkeit auf dem Spielfeld.
Ob im Nachwuchsbereich, in der Reha oder im professionellen Ligabetrieb: Isoinertiales Krafttraining ist eine sinnvolle Ergänzung zu klassischen Trainingsformen – besonders bei komplexen Spielsportarten wie Handball.
Quellen
[1] Maroto-Izquierdo, S., García-López, D., & de Paz, J. A. (2017). Functional and muscle-size effects of flywheel resistance training with eccentric-overload in professional handball players. Journal of Human Kinetics, 60(1), 133–143.
→ Zeigt signifikante Leistungssteigerungen bei Handballspielern nach 10 Wochen Flywheel-Training.
[2] Tesch, P. A., Ekberg, A., Lindquist, D. M., & Trieschmann, J. T. (2004). Muscle hypertrophy following 5-week resistance training using a non-gravity-dependent exercise system. Acta Physiologica Scandinavica, 180(1), 89–98.
→ Frühere Grundlagenerhebung zu muskulären Anpassungen durch isoinertiales Training.
[3] Norrbrand, L., Pozzo, M., & Tesch, P. A. (2010). Flywheel resistance training calls for greater eccentric muscle activation than weight training. European Journal of Applied Physiology, 110(5), 997–1005.
→ Zeigt die höhere Aktivierung der Muskulatur in der exzentrischen Phase im Vergleich zu klassischen Gewichten.
[4] Beato, M., Maroto-Izquierdo, S., Hernández-Davó, J. L., & Raya-González, J. (2021). Flywheel training periodization in team sports. Frontiers in Physiology, 12, 739399.
→ Gibt Empfehlungen zur Integration von Flywheel-Training in den Saisonverlauf.
[5] de Hoyo, M., Pozzo, M., Sañudo, B., Carrasco, L., Gonzalo-Skok, O., Domínguez-Cobo, S., & Morán-Navarro, R. (2015). Effects of a 10-week in-season eccentric-overload training program on muscle-injury prevention and performance in junior elite soccer players. International Journal of Sports Physiology and Performance, 10(1), 46–52.
→ Relevanter Transfer zur Verletzungsprävention in Sportarten mit ähnlichen Belastungsmustern wie Handball.